Rock'N'Rolla: Vertrackte Krimikomödie aus dem Londoner Unterweltmilieu, in der sieben Mio. Pfund und ein gestohlenes Gemälde für Irrungen und Wirrungen sorgen.
Nach Jahren der kreativen Irrungen und Wirrungen kehrt Guy Ritchie auf den Pfad der Tugend und damit zur betont coolen wie britischen Unterweltkomödie zurück, die ihn einst zum heißesten Regisseur des Königreichs werden ließ.
Woran erkennt man, dass ein Mann cool ist? Er lässt sich von Madonna scheiden, aber nimmt keinen Pfennig von ihrem Geld. Und/oder er dreht Filme wie „RocknRolla“, für Ritchie tatsächlich eine Rückkehr zum Rock’n’Roll seiner beiden ersten Filme, „Bube, Dame, König grAs“ und „Snatch“, nachdem er zuletzt mit seinem unsäglichen Wertmüller-Remake „Swept Away“ und dem verrätselnden Gangster-Durcheinander „Revolver“ vom rechten Pfad abgekommen war. In farbentsättigten und doch sehr satten Bildern schickt Ritchie wieder eine Auswahl extrem gut gekleideter Herren aus verschiedenen Schichten der Unterschicht durch eine Handlung, in deren labyrinthischen Wendungen man sich kurz nach dem knalligen Vorspann bereits verloren hat. Irgendwie geht es um ein wertvolles Gemälde, um Loyalitäten und schmutzige Geschäfte, in die alle Beteiligte verstrickt sind, was zu Abhängigkeiten unterschiedlicher Art führt.
Es geht um Alles. Und um Nichts. Und irgendwie ist es egal, weil der eigentliche Spaß darin besteht, wie Ritchie all die verschiedenen Bälle jongliert und dabei kunstvoll immer wieder aneinander klackern lässt. Am Schluss gibt es eine Auflösung, die alles erklärt, aber so vertrackt ist, dass sie sich bis in den Abspann erstreckt. Aber auch das ist egal, es geht nicht um die Story, sondern ihre Figuren. Und die sind so stark wie eben seit den frühen Filmen des Meisters nicht mehr. Da ist der kleine Gauner One Two, gespielt von „300“-Star Gerard Butler, und seine Kumpels Handsome Bob und Mumbles, die sieben Mio. Pfund benötigen, um sich ein Stück Land unter den Nagel zu reißen. Da ist Tom Wilkinson als verschlagener Londoner Unterwelt-Don Lenny Cole, der ihnen das Geld leiht, aber wieder stehlen lässt, um sie in der Hand zu haben. Da ist der russische Investor Obamavich, der nicht nur so ähnlich heißt wie Roman Abramovich, sondern von Karel Roden auch gespielt wird, als handelte es sich um den Zwillingsbruder des Chelsea-Besitzers. Der wiederum zahlt sieben Mio. Pfund an Cole für besagtes Stück Land und das Versprechen, bei einem gekauften Politiker Bauvorhaben zu beschleunigen. Da ist Obamavichs Buchhalterin Stella, von Thandie Newton interpretiert als Inbegriff der Femme fatale, die die sieben Mio. gerne für sich hätte und für den Raub One Two und seine Crew anheuert. Und schließlich gibt es als unberechenbaren Joker noch Coles Stiefsohn Johnny Quid, das schwarze Schaf der Familie, ein gescheiterter und bis unter die schmale Hutkrempe zugedröhnter RocknRoll-Star, der instinktiv dumme Dinge tut, die allen das Leben schwer machen.
Dazu kommen die zwei hartnäckigsten russischen Killer der Filmgeschichte, zwei gewiefte Musikpromoter, die Bekanntschaft mit ein paar wirklich schweren Jungs machen, ein Unbekannter, der Männer aus der Unterwelt an die Polizei verpfeift, und so viele Haken und Ösen, dass man einen rechten Spaß daran hat, den Überblick zu verlieren. Dass am Schluss wirklich nur noch die Frage offen ist, ob One Two seinen Kompagnon Handsome Bob nach dessen Geständnis, er sei schwul und stehe auf seinen Boss, tatsächlich geküsst hat, ist die größte Leistung von Ritchie, der wieder einen auf dicke Hose macht, aber bei aller ausufernden Überzeichnung durchaus eine Demimonde skizziert, die längst nicht mehr unter sich ist: Nur wer versteht, sich der veränderten Welt anzupassen, in der die Herren Gangster nicht mehr unter sich sind, kann überleben. Wer es mit Stil macht, ist ein RocknRolla. Wie Guy Ritchie. Welcome back. ts.