Die Reise der Pinguine: Naturdoku über Kaiserpinguine und ihren Marsch durch die Eiswüste der Antarktis.
Es sind schon komische Vögel, diese Pinguine, die zur Paarung jedes Jahr mehrere Tagesmärsche hinter sich bringen, um dann an immer dem gleichen Ort mit Liebes- und Lockgesängen das Fortpflanzungsritual einzuläuten. Der französische Biologe und Filmemacher Luc Jacquet dokumentiert ein Jahr im Leben der schwarz-weißen Gestalten und trifft voll ins Schwarze. In USA überholte „Die Reise der Pinguine“ mit einem Einspiel von 37,7 Mio. Dollar Michael Moores „
Bowling For Columbine“ und wurde damit nach „
Fahrenheit 9/11“ zum zweiterfolgreichsten Dokumentarfilm aller Zeiten. Auch bei uns sollte das Abenteuer im ewigen Eis die Klagen vom schlechten Kinojahr vergessen lassen.
Ihr Körper wirkt raketenähnlich, der Rücken ist schwarz, der Bauch weiß, sie haben Flügel und können doch nicht fliegen. Pinguine sind im kalten Wasser und auf dem Eis zu Hause. Am Rande der Antarktis beobachtete Luc Jacquet über ein Jahr die großen Kaiserpinguine in Kolonien von 6000 bis 8000 Tieren. Die ersten Bilder zeigen sie in den Gewässern tauchend, Krill, Tinten- und andere Fische jagend. Eine Mastkur, so scheint es. Ende März macht sich Unruhe breit. Während das Meer zufriert, zieht eine riesige Karawane los, stolze Wesen im Frack vom Südpol auf dem Weg ins Nirgendwo. Mal rutschen sie auf dem Bauch dahin, dann wieder marschieren sie majestätisch vorwärts. Weit entfernt von ihrem eigentlichen Element dem Meer treibt es sie zur Balz an die Brutplätze, hart an der Grenze zum Tod. Klirrende Kälte von 40 Grad und Schneestürme können sie nicht vom Ziel abhalten.
Was die Kamera von Laurent Chalet und Jérome Maison an brillanten Bildkompositionen liefert und von drei Sprechern aus der Pinguin-Perspektive erzählt wird, steigert sich zum einzigartigen Kinoerlebnis (geplant war „nur“ eine TV-Doku). Ganz nah am Geschehen verfolgt man mit großen Augen wie Liebeslieder die Weibchen willig machen, Paare im Takt miteinander „tanzen“ und sich immer in Treue wiederfinden. Spannend wird es, wenn das Weibchen nach dem Honeymoon das Ei ablegt und es millimeterweise mit dem Schnabel dem Männchen zum Ausbrüten unters Fell auf die Füße hinschiebt. Der Vater in spe muss jetzt 60 Tage ausharren, während die Mutter gen Meer zieht, um Nahrung für Erzeuger und Nachwuchs zu holen. Luc Jacquet verfolgt ihre Odyssee und parallel das Schlüpfen der Küken, deren ersten Gehversuche, die Wiederkehr der Weibchen mit Futter im Gepäck, den Küken-Kindergarten, Aufbruch der Väter ans Meer, ihre gefährliche Reise und die Rückkehr mit neuen Leckereien. Die Eltern wechseln sich solange mit den Wanderungen ab, bis die Jungen sich selbst versorgen können. Selten wurde der faszinierende Kreislauf von Leben und Tod - viele der Jung- und Alttiere sterben - so spektakulär dargestellt (weitere Informationen und Illustrationen bietet das gleichnamige Buch zum Film, erschienen im Gerstenberg-Verlag, ISBN 3-8067-5097-1, Euro 12,90).
Der Lebenszyklus der Kaiserpinguine - ein atemberaubendes Abenteuer und eine herzerwärmenden Hymne an das (Über)Leben. Die 80minütige Doku (entstanden aus 120 Stunden Material) entführt auf einen märchenhaften und dennoch realistischen Trip, bei dem es aufgrund des Sympathie-Faktors der Pinguine stark „menschelt“. Ein einzigartiges und anrührendes Naturschauspiel mit sensationellem Schauwert. mk.