Zärtlichkeit: Leises Familien-Drama um ein lange geschiedenes Paar, das gemeinsam den Sohn im Krankenhaus besuchen will.
Marion Hänsels Familienbegegnung on the road ist liebenswert, ehrlich - und auf ihre Weise zärtlich.
15 Jahre sind Lise (Marilyne Canto) und Frans (Olivier Gourmet, „
Der Aufsteiger„) schon getrennt, da bringt sie der Skiunfall ihres erwachsenen Sohns Jack (Adrien Jolivet, wie Canto in „
Der Schnee am Kilimandscharo„) kurzfristig zusammen: Sie fahren von Brüssel aus mit dem Jeep in die französischen Alpen. Beide tragen einander nichts nach, obwohl Frans Lise verlassen hatte. Während der Fahrt sprechen sie über Erinnerungen und wie ihr Sohn die Trennung verwand. Nicht nur an Frans‘ Machomentalität lassen sich die Bruchlinien ihrer Beziehung erahnen.
Die erfahrene belgische Regieveteranin Marion Hänsel („
Schwarzer Ozean„, „Als der Wind den Sand berührte“) wählt kein klassisches Drama, sondern den zurückgelehnten Tonfall einer unaufgeregten, subtilen wie leise komischen Beobachtung, die ohne Ballast in wenigen Strichen das Porträt einer ganzen Familie zeichnet. Hänsel geht damit so leise wie ihre musikalische Begleitung vor. Sensibel, aber nicht süßlich (wenn, dann bittersüß) registriert sie die Eigenheiten der Charaktere, manche typisch männlich oder weiblich, doch nie konstruiert, sondern wie aus dem Leben gegriffen.
Scheinbar zwanglos, aber mit einem sehr genauen Blick zeigt sie keineswegs humorlos Alltagsprobleme und Missgeschicke, kleine Fehler und Eigenarten, die echte Menschen ausmachen. Es ist kein Zufall, dass die Eltern den Sohn zunächst knapp verpassen, weil der mit seiner neuen, ihnen noch fremden Freundin Allison (Margaux Châtelier aus „Belle und Sebastian“) bereits ins Skimekka Savoyen zurückgekehrt ist. Dort wartet auf die Eltern ein Doppelbett - alle anderen Zimmer und Hotels sind ausgebucht.
In großen Teilen ein Roadmovie, verzichtet der Film über eine separierte Familie auf eine Wiedervereinigung - es ist lediglich ein kurzes Miteinander, dennoch sind alle auf ihre Art sympathisch (besonders Protagonistin Lisa) und gefühlsfähige Wesen, die einem irgendwie an Herz wachsen. Was man erst bemerkt, als sie sich wieder voneinander trennen. Zurück bleibt die wohlig-wehmütige Erinnerung an eine kleine Gemeinschaft, deren Mitglieder längst eigene Lebenswege gehen.
tk.