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Ice Cream, I Scream

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Dondurmam gaymak: Hinreißende türkische Independent-Komödie, in der ein Eisverkäufer aus der Provinz der Globalisierung den Kampf ansagt.

Poster

Ice Cream, I Scream

Handlung und Hintergrund

Lange genoss Eisverkäufer Ali (Turan Özdemir) aus dem türkischen Städtchen Mugla ein Monopol auf den Verkauf gefrorener Süßwaren, doch nun hält auch in der türkischen Provinz die Globalisierung mit ihren Speiseeis-Konzernen Einzug. Anlass genug für Ali, nicht aufzugeben, sondern mit einer eigenen Marke, dem gummientengelben Eismotorrad, auf Kundenfang zu gehen. Als das Bike gestohlen wird, wähnt Ali dahinter natürlich die Machenschaften der Großindustrie.

Türkische Independentkomödie, komplett finanziert und gespielt von den Bewohnern Muglas, und nicht zuletzt deshalb mit beiden Beinen im wahren Leben stehend.

Seit Jahren ist Ali der einzige Eisverkäufer in dem kleinen Städtchen Mugla. Doch auch im äußersten Südwesten der Türkei bleibt die Welt nicht stehen. Eines Tages hält aber auch hier die Globalisierung Einzug, und zwar in großkapitalistischer Form von Langnese und Mövenpick. In seiner wirtschaftliche Existenz bedroht, geht Ali in die Offensive. Er kauft sich ein kreischgelbes Motorrad mit Kühlanhänger und nimmt den Kampf gegen die „Heuschrecken“ auf.

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Darsteller und Crew

Regisseur
  • Yüksel Aksu
Produzent
  • Eyüp Boz
Darsteller
  • Turan Özdemir
Drehbuch
  • Yüksel Aksu
Musik
  • Babazula
Kamera
  • Eyüp Boz

Bilder

Kritiken und Bewertungen

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Kritikerrezensionen

    1. „Ice Cream, I Scream“ von Regisseur Yüksel Aksu ist der türkische Bewerber für eine Oscar-Nominierung als bester nicht englischsprachiger Film. Yüksel Aksu drehte in seinem Heimatort Mugla mit einheimischen Laiendarstellern, nur Hauptfigur Ali wird von einem Bühnenschauspieler dargestellt. Das Resultat ist eine Art Bauernposse, ein lustiges Dorftheater.

      Der Eisverkäufer trifft auf dem Dorfplatz die männlichen Bewohner, es beginnt ein Palaver als Wettstreit der Argumente. Ali hat es nicht leicht, seine Reklame-Offensive wird skeptisch beurteilt, seine Frau beschimpft ihn als Idioten, eine alte Frau verflucht ihn gar wegen des zu teuren Eises als unreinen Teufel. Es geht lautstark, emotional und manchmal überbordend hysterisch zu. Immer wieder brechen der Eisverkäufer und seine Frau halb ohnmächtig zusammen und müssen von den Nachbarn Luft zugefächelt kriegen.

      Was beabsichtigt der Regisseur mit dieser ländlichen, an gutmütiges Pantoffelkino erinnernden Komödie? Zum einen stellt er augenzwinkernd die vielen inneren Konflikte der Türkei zwischen Tradition und Moderne dar. Die Kinder in der Koranschule durchschauen frech die sexfeindlichen Behauptungen ihres Lehrers. Die Männer, die am Freitagabend auf dem Dorfplatz trinken und feiern, wollen sich durch den Aufruf der Moschee zum Gebet nicht stören lassen. Und doch spielt der Glaube eine große Rolle, sucht zum Beispiel Ali Trost in einer rituellen Waschung vor seiner angeblichen geistigen Unreinheit.

      Es wird heiß gestritten über die kommunistischen Theorien eines örtlichen Globalisierungsgegners. Wie viele der Auseinandersetzungen endet auch diese in einem archaischen Ausbruch von Flüchen und mit dem abrupten Abbruch der Diskussion. Die Attacken, vor allem der Ehefrau, sind zwar herzerfrischend direkt, aber auch etwas anstrengend auf Dauer.

      Zum anderen scheint der Regisseur in sympathischer Spiellaune eine kleine Hommage an andere Filme und ihre Macher zu veranstalten. Yilmaz Güney, der verstorbene türkische Regisseur, wird vom Eisverkäufer zitiert. Und dann gibt es eine Szene, die die heilende Kraft des Märchens, des mündlichen Gesprächs heraufbeschwört. Ein alter Mann bringt den plötzlich lebensmüden Eisverkäufer mit einer Erzählung aus seiner Jugend wieder auf den rechten Weg. So ähnlich, wenn auch etwas bewegender, war das auch in Abbas Kiarostamis Cannes-Gewinner von 1997, „Der Geschmack der Kirsche“, zu sehen.

      Fazit: Possenhafte Landkomödie als Synopsis türkischer Konflikte zwischen Tradition und Moderne.
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    2. Ice Cream, I Scream: Hinreißende türkische Independent-Komödie, in der ein Eisverkäufer aus der Provinz der Globalisierung den Kampf ansagt.

      Der türkische Kandidat für den Auslands-Oscar 2007 entpuppt sich als scharfzüngige und im quasidokumentarischen Gestus des Neorealismus angelegte Gesellschaftssatire auf Gleichförmigkeit und Globalisierung.

      „Möge Allah dieses Eis segnen.“ Auch wenn der Arbeitstag zumindest in geistlicher Hinsicht positiv beginnt, naht für den Eisverkäufer Ali Usta wenig später die existenzielle Katastrophe. Denn eine eishungrige Kinderbande hat ihm seinen gelben Motorroller samt Anhänger gestohlen, um daraus die frischen Vorräte an selbst gemachtem Milchspeiseeis zu vertilgen. Ali aber meint, die wahren Schuldigen zu kennen: die Lebensmittelkonzerne, die auch in seiner Gegend unweit der Ägäis-Kuste das verteufelte „Eis am Stiel“ in unzähligen industriell gefertigten Portionen vertreiben und die selbstständigen Eishändler in den Ruin treiben. Ähnlich cholerisch wie sein von Louis de Funès gespieltes französisches Alter-Ego „Oscar“ macht sich auch der Türke Ali wutentbrannt auf die unsinnige Odyssee nach seinem vermeintlich „von den Konzernen“ geklauten Gefährt und lässt keinen Zank aus mit den in seinen Augen ignoranten Mitmenschen.

      Yüksel Aksus u.a. mit dem Jury-Spezialpreis des Istanbuler Filmfestivals 2006 ausgezeichnete Gesellschaftssatire „Dondurmam Gaymak“ (wörtlich: mein Eis ist aus Sahne) ist in zweifacher Hinsicht ein klug angelegtes Meisterstück. Zum einen wird in Gestalt des gebeutelten Eisverkäufers der „Kleine Mann“ verkörpert, der seinen mitunter bauernschlauen Senf einfach zu allen Themen - gern auch zu der mittlerweile sogar in der Türkei umstrittenen EU-Anbindung - abgibt. Der Stammtisch als Roadmovie. Zum anderen hat der auch im Dokumentargenre versierte Aksu auf neorealistische Manier mit Laiendarstellern rund um die im türkischen Südwesten gelegene Stadt Mugla gearbeitet. Lediglich Hauptdarsteller Turan Özdemir ist Profi, aber seine authentischen Mitspieler stehen ihm an Spielpassion in nichts nach. Hinzu kommt, dass es sich bei dieser Produktion um einen grundständigen Independent-Film handelt. Nur mit einer geringen staatlichen Förderung ausgestattet, trägt sich dieser Film durch die materielle Unterstützung seiner kommunalen Urheber selbst. Das erklärt manche Zähflüssigkeiten in der Dramaturgie, aber auch die begnadete Frechheit, mit der selbst die Ordnungskräfte Polizei und Islam ihr Fett abbekommen.

      Fazit: Wer unverfälschtes „Volkskino“ mag, mit derben Sprüchen und einem gesunden Sinn für die verrückte Realität, der liegt mit diesem kleinen und kantigen Film genau richtig. Und Appetit auf selbst gemachtes Meloneneis bekommt man obendrein. aw.
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