Last Samurai: Überwältigendes Actionabenteuer mit Tom Cruise als US-Soldat in Japan, der vom Feind zum Freund rebellischer Samurai wird.
Gestellt hat Tom Cruise „Eine Frage der Ehre“ schon, jetzt aber erst lebt er sie auch. So dynamisch und physisch engagiert hat man den Star noch nicht gesehen wie im malerischen und martialischen Abenteuerepos von Edward Zwick („Glory“, „Legenden der Leidenschaft“), der hier seinen überzeugendsten Film vorlegt. Knapp zweieinhalb Stunden erzählt „The Last Samurai“ von einem entehrten, traumatisierten Soldaten, der durch die Begegnung mit den mythischen Elitekämpfern der japanischen Feudalvergangenheit seine Würde wiederfindet. Am Ende hat man nicht nur Krieger gesehen, sondern ist als Zuschauer fast selbst zu einem geworden. Beeindruckendes, gewalttätiges, aber nicht pathologisch brutales Überwältigungskino, das mit Passion und Pathos eine Minderheit feiert und dafür von den Massen belohnt werden wird.
Unverkennbare Folie für das Drehbuch von John Logan („Gladiator“), Ed Zwick und Marshall Herskovitz ist der klassische Western. Der Brückenschlag zur japanischen Kultur gelingt mühelos, wenn die Vernichtung der Indianer die Verfolgung der Samurai, die Öffnung des Ostens zur Moderne das Ende des alten Westens spiegelt. Zwicks Film zitiert in Figuren, Situationen und Werten Kevin Costners „Der mit dem Wolf tanzt“, streift den Liberalismus von „Little Big Man“, aber auch die Mythologie des Schwertes von „Conan“, zeigt das kämpferische Herz von „Braveheart“ und die Ehrfurcht vor den Meisterwerken Kurosawas, die er in Wucht und Choreographie der Kampfszenen übertrifft. „The Last Samurai“ ist Kriegs- und Besinnungsfilm, eine oft wortlose, sich nur im Augenausdruck vermittelnde Verbeugung vor einem Lebensstil, dessen Motor Idealismus, nicht Materialismus war.
Der Prolog zeigt Army-Captain Algren (Cruise) im San Francisco des Jahres 1876 als desillusioniertes und alkoholisiertes Wrack, gequält von den Dämonen seiner Erinnerungen aus Bürgerkrieg und Indianermassakern. In Japan angekommen, soll Algren im Auftrag des Kaisers eine moderne Armee aufbauen und damit gegen den letzten großen Samuraiführer Katsumoto (Ken Watanabe) ziehen, der sich gegen die drohende Verwestlichung seiner Heimat, gegen den Aufbruch in die Moderne stemmt. Ein Kampf um die Tradition, der auch im heutigen Wirtschafts- und Technologie-Titan Japan noch ausgetragen wird - wenn auch an anderen Fronten. Als Algrens Soldaten von den Beratern des jungen Kaisers, die ihn für ihre wirtschaftlichen Interessen manipulieren, viel zu früh in die Schlacht geworfen werden, kommt es zur ersten furios choreographierten und geschnittenen Kampfsequenz, in der Algrens Bauernarmee massakriert wird und Cruise wie ein gestelltes wildes Tier um sein Leben kämpft. Damit erwirbt er sich den Respekt Katsumotos, der ihn verschont und in sein Lager in die Berge mitnimmt.
Dort, an prachtvollen neuseeländischen Drehorten, feiern Zwick und Stammkameramann John Toll die bäuerliche Idylle, aber auch den Kodex der Samurai, der schließlich auch Algren erobert. Wie in anderen Zwick-Filmen gibt es auch hier sporadische Grenzwanderungen zwischen Kraft und Kitsch, wenn die japanischen Kids auch noch Baseball lernen, der stolze Samurai auf der Bühne den Narren spielt oder Algrens Gastgeberin ihre langen Haare einer Naturwäsche unterzieht. Aber im Meer der Euphorie sind das nur wenige, bedeutungslose Tränen. Die Beziehung zwischen dem Soldaten und den Samurai ist stimmig entwickelt, es gibt Sympathie- und Hassfiguren, die den Zuschauer emotional manipulieren und darüber hinaus das charismatische Naturereignis Ken Watanabe, der Cruise zu einer seiner besten Leistungen zwingt. Nach einer weiteren überragenden Actionsequenz, in der Ninjas das Dorf in den Bergen überfallen, und der gewaltigen Finalschlacht, in der die Tradition in den aussichtslosen Kampf gegen die Moderne zieht, liegt düsteres Verhängnis über dem Film. Doch wie sein amerikanischer Protagonist misstraut „The Last Samurai“ dem Sepukko, kommt dem befürchteten kommerziellen Selbstmord mit einem wenig überzeugenden Epilog des Trosts zuvor. Doch kein Film muss Angst vor dem Tod haben, wenn er so intensiv gelebt hat wie dieser. kob.