Late Show: Witzige, stargespickte Abrechnung mit der Fernsehbranche vom "Rossini"-Regisseur Helmut Dietl.
Das Leben, Lieben und Leiden der Medienmacher nimmt Regisseur Helmut Dietl in gewohnt spitzer Manier in seinem neuesten Werk - ganz themenadäquat ursprünglich als TV-Produktion geplant - unter die Linse und stellt die mörderische Frage, wer mit wem kungelt. Besetzt mit den Größen des deutschen Showbiz, die vor der Kamera die bereits bekannten Seiten ihrer Showqualitäten einmal mehr unter Beweis stellen dürfen, findet ein würdiger Nachfolger aus der Reihe der Dietl’schen Medienbetrachtungen nun doch seinen wohlverdienten Weg in die Kinos.
Glamour, Stars und der Kampf um die Macht im Medienbusiness - Dietl deckt auf, was hinter den Kulissen des Fernsehalltags abgeht. Daß er die Branche kennt, beweist der Autor, Regisseur und Produzent in Personalunion einmal mehr. Nach seinen phänomenalen Erfolgen „Schtonk!“ und „Rossini oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ - beide Filme wurden mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet - knöpft er sich nach Presse und Film jetzt folgerichtig den TV-Markt vor. Der tägliche Kampf um die Einschaltquoten, der hinter den Kulissen der TV-Anstalten tobt und über Gedeih und Verderb der Macher entscheidet, ist natürlich das gefundene Fressen für den Altmeister. Er entblößt, was so mancher Medienmächtige lieber unter dem Deckel halten würde. Sein Inside-Talk, den er als Fernsehserien-Regisseur wohl herunterbeten kann wie kein anderer, ist eine streckenweise bitterböse Mediensatire. Bisweilen hält er inne, als entzöge sich die schreckliche Wirklichkeit hinter den Kulissen ganz einfach jeder Darstellbarkeit. Dennoch ahnt der Zuschauer in jeder Einstellung, daß die Schrecken der Realität die Fiktion der Geschichte wohl bei weitem übertrifft.
Conrad Scheffer (Harald Schmidt), von Quotentiefs in Intrigen gebeutelter Programmdirektor des Privatfernsehens Tele C, sucht verzweifelt einen Weg, den ruinösen Sender vor dem drohenden Aus zu bewahren. Der rettende Engel erscheint ihm in Form des Radiomoderators gleichen Namens, den Scheffer in seinem improvisierten Studio ausfindig macht. Hannes Engel (Thomas Gottschalk) unterhält eine kleine Fan-Gemeinde in der Provinz mit frisch-spontanem Talk. Scheffer setzt alles daran, den Mann, der den Sender retten soll, für sich zu gewinnen, nicht ahnend, daß Finanzier Dr. August Beer (Otto Schenk) den Konkurs fest einkalkuliert hat.
Schön, mit welcher Freude und Leichtigkeit die Betroffenen sich selbst auf die Schippe nehmen. Harald Schmidt beweist, daß er nicht nur ein genialer Possenreißer und Sprücheklopfer ist, sondern auch als Schauspieler vor der Kamera bestehen kann. Seine Figur des skrupellosen Programmdirektors ist geprägt von Selbstironie und Lust an Eigendemontage. Thomas Gottschalk gibt sich augenzwinkernd selbst, vor allem am Ende des Films, wenn der Set der titelgebenden Late Show in ein leibhaftiges „Wetten, daß…“-Szenario wechselt. Auch Veronica Ferres zeigt sich selbstironisch und legt als Maria mit traumwandlerischer Sicherheit eine hinreißende Esoterik-Nummer hin, die in vollmondgeschwängerter Nacht selbst Pferde kapitulieren läßt. In einer der schönsten Szenen des Films nähert sich Maria nachts im langen Gewande in pferdeflüsternder Manier den edlen Vierbeinern, die sie züchten will. Doch die schauen nur erstaunt und traben davon.
Eine Glanzleistung zeigt Jasmin Tabatabei als intrigante Mitarbeiterin, die zu allem bereit ist, was ihrer Karriere nutzen könnte - Affäre mit dem ältlichen Finanzier inklusive. Generell sind die Nebenrollen wunderbar besetzt. Glanzlichter setzen vor allem Olli Dittrich, Jürgen Tarrach und Dieter Pfaff als Talkshow-Moderator mit einer Vorliebe für Tiere.
Auch wenn die Optik ursprünglich fürs Fernsehen gestylt war - eine Tatsache, die den Erzählrhythmus mitunter kennzeichnet - wird sie doch, sonst wäre „Late Show“ kein Dietl-Film, in jeder sorgsam inszenierten Einstellung auch höchstem Leinwand-Standard gerecht. Kinotauglich ist Dietls Mediensatire allemal, als respektlos-unterhaltsamer Blick der Branche auf sich selbst - auf daß alles beim alten bleibe! boe.