Eine Familiengeschichte vor der exotischen Kulisse Hawaiis hat sich Sideways-Regisseur Alexander Payne für seinen neuen Film ausgesucht. Sie basiert auf dem gleichnamigen Roman von Kaui Hart Hemmings und erzählt von der Krise eines Familienvaters, der am Sterbebett seiner Frau erfährt, dass sie einen Liebhaber hatte. Zugleich muss er sich um seine beiden Töchter kümmern, die ihm weitgehend fremd sind, und den Verkauf des Landbesitzes regeln, welchen er für die Erbengemeinschaft der alteingesessenen Kings verwaltet. Dafür, dass dieses Drama nicht in erster Linie traurig ausfällt, sondern leichte und komische Eigenschaften entfaltet, sorgen die zurückgenommene und schalkhafte Erzählweise Paynes und sein Hauptdarsteller George Clooney.
Matt King ist sich von Anfang an bewusst, dass sich in seinem Leben vieles ändern muss: Seine Frau wird aus dem Koma aufwachen, er wird mit dem Landverkauf viel Geld verdienen und dann endlich mehr für sie da sein. Das erzählt er selbst im Off. Aber das Leben macht ihm dicke Striche durch diese Rechnung. Die Ärzte können seine Frau nicht retten, und seine Trauer am Sterbebett wird von der Neuigkeit ihrer Untreue getrübt. Matts Hinwendung zu seinen Lieben wird für ihn zur Heimkehr in eine unbekannte Welt, eine Renovierung der Familie bis zum Fundament.
George Clooney spielt das Wechselbad der Gefühle, in dem sich Matt befindet, als einen Weg nach innen, einen ungelenken Kampf gegen die Ratlosigkeit. Clooneys Darstellung ist immer distanziert genug, um nicht gewichtig, sondern als Matts ironischer Clinch mit sich selbst auszufallen. Und auch wenn er unter Tränen von seiner Frau Abschied nimmt, spricht aus den Worten und der Mimik eine Selbstkontrolle und Aufrichtigkeit, die der Persönlichkeit des Schauspielers geschuldet wirkt. Payne bewahrt die Gefühle ebenfalls vor dem Ausufern, indem er Matt mit Handlungsbedarf konfrontiert. Der grimmige Schwiegervater muss besucht werden, die eigenen Töchter informiert werden, und der Nebenbuhler soll auch Gelegenheit bekommen, sich am Bett seiner Frau zu verabschieden. Also fährt Matt, begleitet von Alexandra, ihrem Freund, den sie stets dabeihaben muss, und der kleinen Scottie auf die Nachbarinsel Kauai, wo der Liebhaber mit seiner Familie Ferien macht.
Wie diese Vier so auf Kauai über den Strand spazieren, die wunderschöne Bucht im Familienbesitz betrachten, die Sonne untergehen sehen oder unter wolkenverhangenem Himmel nachdenken, lässt sie wie im Urlaub wirken. Die exotischen Blumen, die Palmen, die Schaumkronen auf dem blauen Ozean, dazu die Hawaiihemden und Bermudashorts von Matt, seine nackten Füße auf der Versammlung der Landeigentümer, strahlen aber nicht nur Lockerheit aus. Phedon Papamichaels Aufnahmen in Cinemascope zeigen auch die Spannung einer unvertrauten Umgebung an. Die Kings, deren Wurzeln bis zur einheimischen Königsfamilie zurückreichen, wirken selbst noch auf der Suche nach ihrer kulturellen Verortung. Der melodiöse, traditionelle Männergesang, der die Handlung üppig begleitet, hat den Figuren jedenfalls eine Menge Trost zu spenden.
Melancholisch weich wie dieser Gesang kommt in die Beziehung Matts zu seinen Töchtern eine frische Brise. Die Dialoge scheinen zu atmen, die Figuren erspüren die Wirkung ihrer gemeinsamen Gehversuche. Die anfangs feindselig-störrische Alexandra, gespielt von Shailene Woodley, wird für ihren Vater in diesen Tagen eine wertvolle Stütze. Die zehnjährige Scottie, gespielt von Amara Miller in ihrer ersten Rolle, ist erfrischend eigenwillig. Alexandras Freund Sid, den Nick Krause darstellt, hat die Rolle des fünften Rads am Wagen. Er strapaziert Matts Nerven mit seiner dümmlichen Unbekümmertheit, wird aber schließlich durch seine pure Anwesenheit zum verlässlichen Faktor, ja sogar zu Matts Vertrautem.
Fazit: Komisch und ernst, federleicht und doch berührend ist dieses Familiendrama mit George Clooney vor der exotischen Kulisse Hawaiis.