Wo die Liebe hinfällt ...: Rob-Reiner-Komödie um eine junge Frau, die entdeckt, dass ihre Familie das Vorbild für das Buch und den Film "Die Reifeprüfung" war.
Eine pfiffige Prämisse, namhafte Darsteller und malerische Motive: Der neue Film von Rob Reiner („Harry und Sally“) über eine Mittdreißigerin, die in eine existenzielle Krise gestürzt wird, als sie erfährt, dass ausgerechnet ihre Familie das Vorbild für „Die Reifeprüfung“ war, hat eigentlich alles, was eine romantische Komödie braucht. Leider kämpft er bis zum Schluss einen vergeblichen Kampf um einen einheitlichen Ton.
Mehr als nur Gerüchte besagen, dass das ursprüngliche Drehbuch auf Betreiben der Hauptdarsteller noch während der Dreharbeiten über den Haufen geschmissen und komplett umgekrempelt wurde. Das würde sicherlich erklären, warum „Wo die Liebe hinfällt“ ein wenig verzweifelt von Szenen mit TV-Sitcom-Situationen über hektisch-deftiges Boulevard-Theater hin zu sehr ernsten dramatischen Momenten oszilliert, ohne ein echtes Zentrum zu finden und seiner redlich bemühten Hauptdarstellerin Jennifer Aniston jemals eine faire Chance zu geben, ihr Leinwandpotenzial auszuspielen und ihre Paradefigur Rachel aus „Friends“ vergessen zu lassen. Angesichts der Filmographie von Rob Reiner, der mit „Harry und Sally“ die moderne romantische Komödie patentierte und das Genre seither mit „Hallo, Mr. President“, „An Deiner Seite“ und „Alex und Emma“ mit zunehmend geringerem Erfolg immer wieder aufs Neue beackerte, ist es verwunderlich, dass gerade die emotional aufreibenden Momente des dritten Akts am meisten überzeugen. Gerade die finale Aussprache zwischen Aniston und ihrem gehörnten Verlobten (ein unterbeschäftigter Mark Ruffalo, der aber immerhin prima ernst gucken kann) hat eine wahrhaftige Strahlkraft (und charmante Auflösung), dass man regelrecht mit den irritierend unausgewogenen Geschehnissen, die zu diesem kathartischen Moment führen, ausgesöhnt wird.
Gleich in den ersten Momenten des Films werden seine größten Probleme evident. In einem etwas komplizierten Off-Kommentar wird die komplette Vorgeschichte erzählt, die womöglich eher der Inhalt des Films sein sollte: Die Affäre eines jungen Mannes in Pasadena mit einer älteren Frau und unmittelbar darauf ihrer Tochter, die Tage später einen Anderen heiratet, wäre nicht weiter der Rede wert, so erfährt man, wenn sie nicht Grundlage für den Roman „Die Reifeprüfung“ und die spätere Verfilmung von Mike Nichols gewesen wäre. Damit schlüpft Rob Reiner nicht nur in Schuhe, die sein Film zu keinem Moment ausfüllt, denn an die Innovation, Treffsicherheit und Tiefe des Klassikers von 1967 reicht „Wo die Liebe hinfällt“ zu keinem Moment heran. Die Prämisse spielt auch keine weitere Rolle mehr in der Handlung, nachdem Aniston als Sarah Huttinger bei der Wiederheimkehr zu ihrer Familie anlässlich der Heirat ihrer Schwester erfährt, dass eben ihre Großmutter (die in diesem Jahr unvermeidliche Shirley MacLaine mit ein paar erfrischend frechen Auftritten als Mrs. Robinson) und ihre vor Jahren verstorbene Mutter die Damen sind, um die es sich dreht. Vollkommen aus der Bahn geworfen, wird die als Nachrufschreiberin in New York arbeitende Thirtysomething, als sie herausfindet, dass sie offenkundig vor der Hochzeit ihrer Eltern gezeugt wurde und deshalb Produkt der Liaison ihrer Mutter war. Sie lässt Familie und den bemitleidenswerten Verlobten zurück, um den Mann aufzufinden, der die Frauen ihrer Familie vor drei Jahrzehnten beglückte und sich als der von einem sichtlich belustigten Kevin Costner gespielten Südstaaten-Mogul Beau entpuppt. Warum genau auch Aniston sich von ihm nicht nur verführen, sondern auch noch in Versuchung bringen lässt, ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen, bleibt das Geheimnis des Drehbuchs, aber immerhin bietet es Kameramann Peter Deming die Möglichkeit, ein paar hübsche Vistas von Half Moon Bay, San Francisco und Napa Valley einzufangen.
„Wo die Liebe hinfällt“ - der deutsche Titel lässt erahnen, dass Warner den Film als eine Art Nachfolger des deutlich besseren „Was das Herz begehrt“ platziert - lässt zuviel offen, seine Figuren zu sehr in der Schwebe und zu viele gute Chancen verstreichen, um wirklich zu funktionieren. Wie der ebenfalls nicht perfekte „Verliebt in eine Hexe“ gibt er sich aber immerhin redliche Mühe, nach dem Prinzip einer klassischen Komödie ein Gegengewicht zu den gängigen albernen Slapstick-Arien zu bieten. Und das könnte - nicht zuletzt angesichts der ausgezeichneten Besetzung - durchaus dazu führen, dass der Film da funktioniert, wo es wichtig ist: an der Kinokasse. deg.